Das „Heidelberger Modell"

Viel Geld einsparen und dann noch in Fachkreisen für Furore sorgen. Das ist dem Abwasserzweckverband Heidelberg mit dem sogenannten „Heidelberger Modell“ gelungen – einem Verfahren zur Entfernung der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff.

Deren Elimination aus dem Abwasser wurde ab 1992 per Gesetz gefordert. Denn diese beiden Nährstoffe waren Schuld an der Überdüngung und dem drohenden Umkippen der Flüsse und damit letztlich auch am Robbensterben und der Überdüngung der Meere.

Grundlage des „Heidelberger Modells“ ist es, vorhandene Beckenvolumen durch Verfahrensänderungen und Umbauten so zu nutzen, dass die Entfernung von Stickstoff und Phosphor ohne große Investitionen erreicht werden kann. Das Modell war mit Anlass für eine bundesweite Initiative für Maßnahmen zur Reduzierung von Kosten und Gebühren bei der kommunalen Abwasserentsorgung der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA).

Vorklärbecken vor dem Umbau

Nach den herkömmlichen Verfahren wurden in der biologischen Reinigungsstufe nur die gelösten, organischen Abwasserinhaltsstoffe abgebaut, indem sie durch spezielle Mikroorganismen – Belebtschlamm – verzehrt wurden. Anschließend wurde dann der Belebtschlamm durch Sedimentation vom Abwasser getrennt. Das gereinigte, allerdings noch mit den Nährstoffen versetzte Abwasser floss in den Neckar.

Auf das „Heidelberger Modell“ waren die Mitarbeiter des AZV durch mehrere Versuche gekommen. Sie hatten die bestehenden Vorklärbecken, die den Belebungsbecken vorgeschaltet sind, in zwei Bereiche geteilt: einen für eine reduzierte Vorklärung und einen für die sogenannte anoxische, das heißt sauerstoffarme Zone.

Vorklärbecken mit anoxischer Zone nach dem Umbau

Der im Rohabwasser als Ammonium (NH4) enthaltene Stickstoff wird in den Belebungsbecken zu Nitrat (NO3) umgewandelt. Dies geschieht zusätzlich zum Abbau der gelösten organischen Abwasserinhaltsstoffe. Damit das Nitrat dann in elementaren Stickstoff umgewandelt wird, müssen das nitrathaltige Abwasser und der nitrathaltige Belebtschlamm wieder zurück in die anoxische Zone gepumpt werden. Erst jetzt entsteht durch spezielle Mikroorganismen elementarer Stickstoff, der in die Luft entweicht.

In einem zweiten Ausbauschritt wurde die Nährstoffelimination nochmals gesteigert. Durch Modifikationen in der Rechen- und Sandfanganlage war es gelungen, die bereits reduzierten Vorklärbecken so zu entlasten, dass diese nochmals zu Gunsten der anoxischen Zonen verkleinert werden konnten. Dadurch konnte der Stickstoffwert im Ablauf von 18 mg/l unter 14 mg/l verbessert werden. Gleichzeitig gelang es, Phosphor nicht mehr durch chemische Verfahren, sondern ebenfalls durch ein biologisches Verfahren aus dem Abwasser zu entfernen.Vorklärbecken mit anoxischer Zone nach dem Umbau


Die Vorteile des „Heidelberger Modells“ liegen insbesondere bei den geringen Investitionskosten. Die Umrüstung der Kläranlage Heidelberg hat insgesamt 2,25 Millionen Euro gekostet. Sie konnte vollständig mit der Abwasserabgabe verrechnet werden. Umbaukosten in Höhe von ungefähr 35 Millionen Euro wurden durch das „Heidelberger Modell“ eingespart. Wäre es zum Umbau der Anlage gekommen, hätte man die Belebungsbecken von 16.000 auf ca. 55.000 m³ und die Nachklärbecken von 23.000 auf 29.000 m³ vergrößern müssen.